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Kirche in Nassau mit Silbermannorgel

Über Vorgängerinstrumente der jetzigen Or­gel wissen wir wenig. Wir wissen, dass "ein sehr schlechtes Orgelwerk" existiert hat, wel­ches, nachdem daraus die besten Pfeifen und Register gestohlen, ... gänzlich ruinieret" war. Aus diesem Grunde trat die Gemeinde im Jahre 1745 mit Herrn Gottfried Silbermann aus Frei­berg wegen eines Orgelneubaues in Verbin­dung. Von Johann Georg Silbermann, Gott­frieds Vetter, ist der Entwurf für ein Werk mit zwei Manualen und 19 Stimmen vom "29. Martii 1745", unterzeichnet. Dieses Werk sollte für einen Preis von 800 Talern gefertigt werden. Die Lösung des Finanzierungsproblems durch die Gemeinde erwies sich als schwierig. Nach etlichen Verhandlungen einigte man sich darauf, dass 200 Taler aus dem vorhandenen Kirchenvermögen entnommen werden sollten und 600 Taler durch "Anlagen" aufzubringen seien.

Am 24. August 1745 wurde dann zwischen Gottfried Silbermann und den Kircheninspekto­ren Christian Friedrich Wilisch, Superintendent zu Freiberg; Johann Christian Gensel, Amt­mann zu Frauenstein, und seinem Sohn Carl Christian Gensel, Amtsadjutant, der Vertrag zum Bau der Orgel für die Kirche von Nassau unterschrieben und besiegelt. Man einigte sich auf einen Preis von 740 Talern, der in vier Ra­ten zu bezahlen sei. In dem Kontrakt ver­pflichtete sich Silbermann, ein Werk mit zwei Manualen, Pedal und insgesamt neunzehn Stimmen zu bauen. Das Werk sollte "zwey tüchtige Blaß-Bälge" und "vier tüchtige Wind-Laden" bekommen und alles "besten Fleißes, beständig, und zierlich verfertigt, aufgesetzet und übergeben werden". Weiterhin verpflichte­te er sich auch das Gehäuse zu liefern und auf sein Werk ein Jahr Gewähr zu leisten. Die Fertigstellung des Instrumentes wurde für den 11. November 1746 vereinbart. Dass die Gemeinde die 740 Taler gezahlt hatte, quittierte Silbermann schriftlich. Das Original der Quittung ist im Silbermann-Museum ausgestellt.

Vermutlich waren die Auswirkungen des zweiten Schlesischen Krieges und die damit zusammenhängenden finanziellen Schwierigkeiten der Gemeinde, -..durch Einquartierung von über 2000 Mann, ..., welche so zu sagen frey und ohne Commando gelebet, die Bö­den und Ställe aufgeschlagen, Heu und Getreide ge­nommen und überflüssig verfüttert, das Vieh aber niedergeschlagen, auch viele Sachen mitgenom­men,... dadurch einen Schaden von 3000 Taler erlit­ten...", dafür verantwortlich, dass es zu einer Verzö­gerung von fast zwei Jahren bis zur endgültigen Fer­tigstellung kam.

Vermutlich begann Gottfried Silbermann Mitte April 1748 mit den Aufbauarbeiten der Orgel in der Kirche. Am 4. August 1748 erfolgte die Prüfung und Abnahme der Orgel die "allenthalben Contract-mäßig befunden wurde".

Der Bauvertrag sowie weitere Dokumente zur Er­bauungsgeschichte der Orgel sind im Original erhal­ten. Schon einen Monat später wird berichtet, dass die Orgel "durch böse Hand beschädigt worden ist", so dass Silbermann gebeten wird, den Schaden zu be­gutachten und zu beheben.

Über Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten während der folgenden 130 Jahre ist uns nichts überliefert. Von 1878 bis 1902 wurde das Instrument jedoch von Guido Hermann Schaf aus Freiberg be­treut. Wie aus Bleistiftinschriften auf der Innenseite der linken Orgeltür zu erkennen ist, wurde die Orgel in den Jahren von 1880 bis 1891 ohne Unterbrechung jährlich durchgesehen und gestimmt. Von den Jah­ren 1903 bis 1928 fehlen Vermerke dieser Art. Im Jahre 1928 wurde durch die Firma Johannes Jahn, Dresden, ein Elektroventilator an die Balganlage an­geschlossen, so dass von nun an der Betrieb der Or­gel nicht mehr zwangsläufig von der Anwesenheit eines Kaikanten abhing.

1929 erfolgte vom 17. bis 21. September eine gründliche Durchsicht und Stimmung von Emil Debler, Orgelbauer bei der Firma Jahn u. Sohn, Dresden-A. Seit 1939 wird das Instrument von der Firma Jehmlich, Dresden, betreut. Am 18. Juni 1953 er­folgte die Stimmung der Orgel für eine (möglicherweise erste) Rundfunkaufnahme. Im Jahre 1960 erfolgte der einzige größere technische Eingriff in die Substanz des Instru­mentes. Auf Anraten von Herrn Domorganist Eger (Freiberg) erfolgte der Einbau einer Pedalkoppel. Im gleichen Jahr wurden auch die Beutelpulpeten erneuert und die Pedalventile befilzt. 1968 wurde die Orgel in die vom VEB Deut­sche Schallplatten in Berlin herausgegebene Rei­he "Bachs Orgelwerke auf Silbermannorgeln" auf­genommen. 1975 wurde die Vergoldung der Schleierbretter überarbeitet.

In den Monaten Januar bis Juni des Jahres 1998 erfolgte, erstmalig in der nunmehr 250-jährigen Geschichte des Instrumentes, eine grundle­gende Restaurierung. Sie wurde von der Firma Jehmlich Orgelbau Dresden ausgeführt.

Der außergewöhnlich hohe Anteil an Original-Substanz, sowohl was das Pfeifenwerk als auch die gesamte Orgelanlage betrifft, machen dieses Instrument zu einem Denkmal von herausragen­der kultur- und klanggeschichtlicher Bedeutung.

Folgende CDs sind erhältlich:

250 Jahre Silbermannorgel zu Nassau
Thomas Meyer-Fiebig (Tokyo) spielt Werke von J.S. Bach, G. Muffat, J.G. Walther u.a.
(12 Euro zzgl. 3 Euro Versand)

Silbermannorgel der Dorfkirche zu Nassau
Ausschnitte aus Konzerten zum 250. Jahrestag der Orgelweihe
Klaus Eichhorn, Jean Ferrard und Stephan Leuthold spielen Werke von J.S. Bach, Walther, Buxtehude, Kerckhoven und Cornet
(12 Euro zzgl. 3 Euro Versand)

"Vom Himmel hoch, da komm ich her"
Fernando Souza - Barockoboe
Rupert Gottfried Frieberger - Orgel
(15 Euro zzgl. 3 Euro Versand)